Stundenweise Krankschreibung - Gibt es den Krankenschein in "Teilzeit" ?
In skandinavischen Ländern wie Schweden gilt die Einführung der Teil-Arbeitsunfähigkeit als sozialpolitischer Erfolg. Denn die Möglichkeit, sich nur stundenweise zu 25 , 50 oder 75 Prozent krankschreiben zu lassen, minderte dort sowohl die Arbeitsunfähigkeiten als auch die Ausgaben für Krankengeld. Das Bundesgesundheitsministerium in Berlin interessierte sich für das Modell und ließ es mit Hionblick auf mögliche Übernahme analysieren.
Wirksam gegen Dauerkrankschreibung und Frühverrentung
Teil-AU existiert sowohl in Schweden, als auch in Norwegen, Dänemark und Finnland, wobei in Schweden mit einem Zeitraum von 70 Jahren seit 1955 die meisten Erfahrungen vorweisen kann. Fast jede dritte Krankschreibung in Schweden ist auf das Teilzeit-Modell eingestellt. Entscheidend dafür sind die Ärzte, welche bei bestimmten Diagnosen nach ihren Richtlinien eine Teil-AU empfehlen. Endgültig zu entscheiden haben dann Sachbearbeiter der Sozialversicherung. Die Analysten des beauftragten IGES-Instituts bescheinigten dem Modell positive Effekte vor allem bei der Wiederherstellung der vollen Arbeitsfähigkeit sowie bei der Vermeidung von Frühverrentung. Skepsis hingegen äußerten die Experten dahingehend, ob Ärzte das Ausmaß von Arbeitsfähigkeit so genau einschätzen können.
Teilzeit AU in Deutschland?
Derzeit sieht das deutsche Arbeitsrecht noch keine ausdrückliche Regelung zur stundenweisen Krankschreibung vor. Laut § 5 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) gilt eine Arbeitnehmerin als arbeitsunfähig, wenn er oder sie wegen Krankheit nicht in der Lage ist, die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu erbringen. Dennoch erkennen Gerichte und Krankenkassen in bestimmten Fällen eine stundenweise Arbeitsunfähigkeit an – insbesondere bei Wiedereingliederungsmaßnahmen oder bestimmten chronischen Erkrankungen.
Voraussetzungen und Praxis
Eine stundenweise Krankschreibung erfolgt in der Regel in Abstimmung zwischen behandelndem Arzt bzw. Ärztin, Arbeitnehmer*in und Arbeitgeber. Der Arzt kann dabei auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) vermerken, dass der oder die Erkrankte nur eingeschränkt arbeitsfähig ist – etwa nur für 4 Stunden pro Tag. Wichtig ist, dass dies medizinisch begründet wird.
Alternativ kann auch eine sogenannte „stufenweise Wiedereingliederung“ nach dem „Hamburger Modell“ erfolgen. Diese wird meist nach längerer Krankheit genutzt, um schrittweise wieder zur vollen Arbeitszeit zurückzukehren. Sie ist jedoch nicht gleichbedeutend mit einer stundenweisen Krankschreibung im engeren Sinne.
Entgeltfortzahlung und Versicherung
Während einer stundenweisen Krankschreibung gelten dieselben Grundsätze wie bei einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit: Ist die Krankheit nachweislich die Ursache für die eingeschränkte Arbeitsfähigkeit, besteht grundsätzlich Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber.
Auch der Versicherungsschutz bleibt bestehen. Die Krankenkasse erkennt in vielen Fällen eine stundenweise AU an, insbesondere wenn sie Teil einer medizinisch indizierten Maßnahme ist.
Vorteile und Herausforderungen
Vorteile:
- Individuelle Anpassung an die gesundheitliche Situation
- Frühzeitige Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess
- Erhalt der Tagesstruktur für den oder die Erkrankte
Herausforderungen:
- Koordination zwischen Arzt, Arbeitnehmer und Arbeitgeber
- Klare Regelung von Arbeitszeit und Vergütung
- Fehlende gesetzliche Klarheit kann zu Unsicherheiten führen