Arznei- und Verbandmittel
Als gesetzlich Versicherter in Deutschland haben Sie Anspruch auf
die Versorgung mit Verbandmitteln sowie mit apothekenpflichtigen und ärztlich
verordneten Arzneimitteln, soweit diese verordnungsfähig sind. Ärztlich
verordnete Arznei- oder Verbandmittel werden grundsätzlich von der Krankenkasse
getragen, allerdings fällt häufig eine gesetzliche Zuzahlung an. Unter
bestimmten Bedingungen ist eine Befreiung von dieser Zuzahlung möglich.
Definition Arznei- und Verbandmittel
Nach § 2 Arzneimittelgesetz (AMG) sind Arzneimittel Stoff- oder Stoffkombinationen, deren vorgesehene Wirkung in der Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten liegt. Sie können auch der Diagnostik dienen.
Von dieser Definition ausgeschlossen sind zum Beispiel:
- Substanzen, die dem allgemeinen Lebensbedarf dienen und deren Zweck nicht auf Einflussnahme auf einen Krankheitszustand gerichtet ist
- Empfängnisverhütungsmittel (sofern nicht verordnungsfähig)
- Nahrungsergänzungsmittel, Ballaststoffe (z. B. Leinsamen, Weizenkleie)
- Kosmetische Mittel oder Produkte zur reinen Körperpflege
Verbandmittel (inklusive Wundbehandlung)
Verbandmittel sind Gegenstände, die dazu bestimmt sind,
oberflächliche Wunden oder geschädigte Körperteile zu bedecken, Wundflüssigkeit
aufzusaugen oder Arzneimittelapplikationen zu unterstützen. Viele Verbandmittel
gelten als medizinische Produkte und sind unmittelbar verordnungsfähig.
Daneben existieren „sonstige Produkte zur Wundbehandlung“, die zusätzlich eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung haben. Ob diese erstattungsfähig sind, hängt von einer Aufnahme in die Anlage V der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) ab.
- Bis 2. Dezember 2025 gilt eine gesetzliche Übergangsregelung: Produkte, die vor dem 2. Dezember 2020 bereits erstattungsfähig waren, dürfen auch dann noch verordnet werden, wenn sie (noch) nicht in Anlage V gelistet sind.
- Ab dem 3. Dezember 2025 dürfen solche „sonstigen Produkte“ nur noch zu Lasten der GKV verordnet werden, wenn sie in Anlage V gelistet sind.
Ein aktuelles Beispiel: „UrgoStart Tül“, ein Produkt zur
Behandlung von diabetischen Fußulzera, wurde im Jahr 2025 als erstes „sonstiges
Wundprodukt“ in Anlage V aufgenommen und ist damit bundesweit verordnungsfähig.
Verordnungsfähigkeit und Arzneimittelrichtlinie (AM-RL)
Nicht jedes Arzneimittel darf auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnet werden. Die Verordnungsfähigkeit wird durch die Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) bestimmt.
Wichtige
Elemente:
- Die Richtlinie regelt, welche Stoffe und Produkte verordnungsfähig, eingeschränkt verordnungsfähig oder ausgeschlossen sind.
- In den Anlagen (z. B. Anlage I bis XII, Va) sind Einzelregelungen und Ausnahmen festgehalten: z. B. Verordnung von medizinischen Produkten, Hilfsmitteln, Off-Label-Use, Aut-idem-Regelungen usw.
- Für Verbandmittel und Wundprodukte ist insbesondere Anlage Va relevant.
- Hersteller können Anträge auf Aufnahme von sonstigen Wundprodukten in Anlage V stellen, wofür der G-BA Beratung anbietet.
Die Anlage Va der Arzneimittelrichtlinie enthält die Auflistung aller für eine Verordnung zugelassenen Verbandmittel und sonstigen Medizinprodukte zur Wundbehandlung.
Welche Medikamente werden von der Krankenkasse übernommen?
Die
Krankenkassen übernehmen grundsätzlich nur verordnungsfähige
Arzneimittel. Ausgenommen sind:
- Nicht apothekenpflichtige, frei verkäufliche Mittel (z. B. Drogerieprodukte)
- Apothekenpflichtige, aber rezeptfreie Medikamente (OTC-Arzneimittel), sofern sie nicht als Ausnahme in der Richtlinie gelistet sind
- Rezeptpflichtige Arzneimittel, die als „Bagatell-Arzneimittel“ gelten
- „Lifestyle“-Arzneimittel (z. B. Mittel ohne medizinisch notwendige Indikation)
Diese
Ausnahmen beruhen auf den jeweiligen Regelungen der AM-RL und ergänzenden
Gesetzen.
Zuzahlung und Zahlungsbefreiung
Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, müssen für viele Arzneimittel die gesetzlich vorgeschriebenen Zuzahlungen von jeweils zehn Prozent des Abgabepreises des verordneten Arzenei- und Verbandmittels leisten. Die Zuzahlung, umgangssprachlich zumeist „Rezeptgebühr“ genannt, beträgt mindestens fünf Euro und höchstens zehn Euro, jedoch nie mehr als die tatsächlichen Kosten des Mittels. Gibt es einen Festbetrag für Arzneimittel, dann richtet sich die Zuzahlung nach diesem.
Neu (seit 1. Februar 2024):
Wenn eine verordnete Packungsgröße nicht verfügbar ist und mehrere kleinste
Packungen abgegeben werden müssen, muss nur eine Zuzahlung für die jeweilige
verordnete Packungsgröße geleistet werden, nicht für jede einzelne
Teilpackung.
Preis/Festbetrag des Medikaments | Zuzahlung des Patienten |
bis 5€ | Preis = Zuzahlung |
5€ bis 50€ | 5€ |
50€ bis 100€ | 10% des Preises |
ab 100€ | 10€ |
Festbetrag
Der Festbetrag ist der erstattungsfähige Höchstbetrag eines Arzneimittels. Übersteigt der Abgabepreis in der Apotheke diesen Festbetrag, muss der Versicherte selber den Differenzbetrag, also die Mehrkosten tragen. Die Zuzahlung (s.o.) richten sich nach dem (niedrigeren) Festbetrag.
Der Patient zahlt also die Mehrkosten plus die Zuzahlung.
Auch Versicherte, die von der Zuzahlung befreit sind, u.a. Kinder unter 18 Jahren, müssen den Differenzbetrag zahlen. Auch Empfänger von Sozialleistungen müssen die Mehrkosten tragen. Hierbei ist eine genaue Information beim verschreibenden Arzt oder Apotheker besonders wichtig, um einer Verschuldung zu vermeiden.
Eine ausführliche Aufklärung durch den Arzt über mögliche Mehrkosten eines Medikamentes gehört zu den Rechten des Patienten.
Gundsätzlich zuzahlungsfrei
Keine Zuzahlung gilt grundsätzlich:
- Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren (für Arzneimittel direkt).
- Schwangere und Wöchnerinnen, wenn das Arznei- oder Verbandmittel im Zusammenhang mit Schwangerschaft, Entbindung oder entsprechenden Beschwerden steht.
- Empfänger bestimmter Sozialleistungen
- Empfänger von Leistungen nach dem sozialen Entschädigungsrecht, z. B. Opfer von Kriegs- oder Gewaltfolgen, die unter §§ 6 oder 7 VersG fallen
- Bei besonders preisgünstigen Arzneimitteln (s. oben)
- Rabattvertragsregelungen: Wenn die Krankenkasse einen Rabattvertrag mit einem Arzneimittelhersteller geschlossen hat (§ 130a Abs. 8, § 31 Abs. 3 Satz 5 SGB V), kann sie entscheiden, die Zuzahlung ganz oder teilweise zu erlassen.
Zudem gilt eine Zuzahlungsbefreiung bei sozialen Entschädigungsleistungen. Werden bei Patienten Schädigungsfolgen nach sozialen Entschädigungsrecht behandelt, dann sind diese für die Behandlungen von Arzneimittelzuzahlungen und auch allen anderen Zuzahlungen befreit.
Zuzahlungsbefreiung wegen Überschreiten der Belastungsgrenze
Die sogenannte Belastungsgrenze wurde eingerichtet, damit insbesondere chronisch Kranke, Menschen mit Behinderungen, Versicherte mit geringem Einkommen und Sozialhilfeempfänger durch die Zuzahlungen zu medizinischen Leistungen nicht unzumutbar belastet werden.
Patienten, die diese Belastungsgrenze überschreiten, können auf Antrag von den Zuzahlungen befreit werden.
- Bei chronisch Erkrankten: 1 % des Bruttoeinkommens
- Bei anderen Versicherten: 2 % des Bruttoeinkommens
- Unter bestimmten Umständen (z. B. bei geringem Einkommen) kann auch eine Herabsetzung ermöglicht werden
Wenn Sie diese Grenze überschreiten, können Sie auf Antrag von
weiteren Zuzahlungen befreit werden.
>> Zuzahlungsbefreiung für Medikamente