Verweigern die Krankenkassen DiGA-Rezepte?
Vorwürfe von Herstellern legen rechtswidriges Verhalten aus Kostengründen naheLaut einem Bericht der Frankfurter Rundschau unter Berufung auf IPPEN.MEDIA versenden Krankenkassen dazu beispielsweise Schreiben an ihre Versicherten, in denen Sie falsche und rechtswidrige Gründe für eine Ablehnung der Kostenübernahme aufführen würden.
Ein mittelständischer Anbieter einer App gegen Rückenschmerzen berichtete von mindestens 30 Fällen, bei denen gesetzliche Krankenkassen versucht hätten, ihren Versicherten den Zugang zur Anwendung trotz vorliegender ärztlicher Verordnung zu verwehren. Weiterhin würden die Versicherten von ihren Krankenkassen auf andere Apps als die konkret verschriebenen verwiesen. Manche Schreiben richteten sich auch direkt an die verschreibenden Ärzte, von denen entgegen geltener gesetzlicher Regeln eigens eine „ausführliche medizinische Begründung“ angefordert würde.
Bei den vorgebrachten Begründungen für eine Ablehnung handele es sich nicht selten um klare Falschaussagen. So lehnte eine Krankenkasse einer Versicherten die Übernahme einer digitalen Anwendung ab, weil diese bereits eine andere in Anspruch nehmen würde. Das Argument der Krankenkasse wonach eine „gleichzeitige Nutzung von zwei oder mehr DiGA für dieselbe Indikationsgruppe“ nicht vorgesehen ist, sei schlichtweg falsch. Auch eine weitere vorgebrachte Begründung für eine Ablehnung, wonach ein Rezept „zu früh“ ausgestellt worden sei, entspreche nicht den gesetzlichen Regeln.
Die ärztliche Verschreibung geprüfter und zugelassener „Apps auf Rezept“ ist seit 2020 möglich. Diese digitalen Gesundheitsanwendungen können, wenn Ärzte diese befürworten und verordnen, zur Unterstützung anderer Therapien eingesetzt werden. Derzeit gelte das für 55 DiGA, welche die strengen Prüfungen und Nutzenbewertungen durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erfolgreich absolviert haben. Eine ärztliche Verordnung für eine DiGA gilt in der Regel für ein Quartal. Wie bei anderen Therapien und Medikamentenverodnungen entscheiden Ärzte danach über ein Folgerezept.
Laut dem Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) würden alle Krankenkassen gleichermaßen zu Fehlverhalten neigen. Die Aufsichtsbehörde hatte sich in einem Rundschreiben an alle Kassen gewandt und diese an ihre Pflichten im Umgang mit DiGA hingewiesen.
Die Redaktion der Frankfurter Rundschau hatte verschiedene Krankenkassen um eine Stellungnahme gebeten. Alle angefragten Kassen hätten zugegeben, bei der Bearbeitung von DiGA-Rezepten auf andere Angebote hinzuweisen.
Die angefragte TK habe geantwortet, dass sie damit ihrem Auftrag nachkommen wolle, Versicherte zu beraten. Gleichzeitig stellte die TK klar, dass dabei keineswegs eine Einschränkung der ärztlichen Therapiefreiheit oder der Wahlfreiheit der Versicherten beabsichtigt sei.
Vom AOK-Bundesverband erhielt die Redaktion eine Stellungnahme, wonach die AOKn mit ihren Versicherten „gemeinsam die passende DiGA oder ein geeignetes Angebot der Krankenkasse“ finden wolle. Die Redaktion der FR kommentierte diese Antwort mit dem Hinweis, dass dies nur dann zulässig sei, wenn sich versicherte mit diesem Wunsch direkt an ihre Kasse wenden würden. Gleichzeitig stellte die Redaktion klar: Werde „eine DiGA ärztlich verordnet, darf die Krankenkasse nicht weiter eingreifen.“
Nach der Erstpublikation des Artikels hätte der AOK Bundesverband noch einmal klargestellt, dass Versicherte mit einem ärztlichen Rezept für eine DiGA nicht auf andere Angebote umgelenkt würden. Die ebenfalls angefragte IKK Classic habe auf eine redaktionelle Anfrage geantwortet, dass sie aber mittlerweile alle Vorgaben der Aufsichtsbehörde umsetzen würde.
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