Ersteinschätzung im INZ: Neues Gesetz soll Notfallversorgung reformieren
Die INZ sollen laut Gesetzesentwurf jeweils aus der Notaufnahme eines Krankenhauses, einer Notdienstpraxis und einer Ersteinschätzungsstelle bestehen. Die Ersteinschätzungsstellen haben eine entscheidende Rolle. Sie sind es, welche hilfesuchende Menschen bei einem Notruf an die passende Einrichtung verweisen, also zum Beispiel in die Notaufnahme. Die Notfallzentren sollen rund um die Uhr und sowohl mit der Notrufnummer 112 als auch mit der Rufnummer des Kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes 116117 erreichbar sein. Als Betreiber der INZ sind die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und Krankenhäuser vorgesehen. Laut GKV-Spitzenverband seien bundesweit rund 730 dieser Zentren notwendig.
Bestimmte akute Beschwerden sollen aber bereits am Telefon oder per Video eingeschätzt und geklärt werden können. Die Patienten bräuchten so gar nicht erst in eine Notdienstpraxis gelenkt werden. Als Anschubfinanzierung für die dafür notwendige Digitalisierung von ArztpPraxen, Kliniken und Rettungsdiensten will das Bundesgesundheitsministerium 225 Millionen Euro aus dem Infrastruktur-Sondervermögen des Bundes bereitstellen.
Reform stößt auf Zustimmung und Kritik
Der Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) sorgt sowohl für Zustimmung bei Krankenkassen, als auch fürt deutliche Kritik und Vorbehalte bei den Vertragsärzten. Die Krankenkassen unterstützen den Reformansatz. Laut AOK-Bundesverbandschefin Carola Reimann zeigen Befragungen eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung: 78 Prozent der Befragten befürworten eine systematische Ersteinschätzung und eine Einstufung nach Dringlichkeit. Auch der Vorstandschef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, sieht darin den zentralen Baustein der Reform. Boris von Maydell vom Verband der Ersatzkassen begrüßt zudem die geplante Einordnung des Rettungsdienstes als Sachleistung, warnt aber davor, die Länder aus ihrer Finanzverantwortung zu entlassen.
Kassenärzte skeptisch
Skepsis kommt vor allem von den Kassenärztlichen Vereinigungen. Sie kritisieren, dass unklar sei, welche Aufgaben INZ während der regulären Praxisöffnungszeiten übernehmen sollen. Zudem befürchten sie Fehlanreize, wenn Patientinnen und Patienten weiterhin ohne Einschränkungen Notdienste oder Leitstellen kontaktieren können. Auch die geplante Ausweitung der 116 117 um einen ärztlichen Hausbesuchsdienst sorgt für Widerstand. Die KBV warnt, die Ressourcen der Niedergelassenen seien bereits jetzt begrenzt, zusätzliche Fahrdienste seien nicht zu stemmen.
Darüber hinaus wird eine direkte Vermittlung von der 116 117 in offene Sprechstunden, Videosprechstunden oder nahegelegene Praxen diskutiert. Wie diese Steuerung im Detail umgesetzt werden soll, ist noch offen. Die parlamentarischen Beratungen über den Entwurf dürften damit kontrovers verlaufen.
