Sozialgericht: Krankenkasse muss Tattoo-Entfernung nach Zwangsprostitution zahlen
Die 30-jährige Klägerin war Opfer eines als „die heiligen Zwei“ bekannten Täterduos. Während ihrer Gefangenschaft wurde ihr am Hals eine Tätowierung mit den Initialen der Täter und der Abkürzung „DH2“ unter Zwang gestochen. Nach ihrer Befreiung durch die Polizei beantragte sie die Kostenübernahme für die Entfernung des Tattoos – die Krankenkasse lehnte ab. Eine Tattoo-Entfernung sei keine medizinisch notwendige Behandlung, so die Begründung.
Die Richter sahen das anders: Die Tätowierung wirke entstellend, ziehe öffentliche Aufmerksamkeit auf sich und gefährde die soziale Reintegration der Frau. Sie könne mit ihrer Vergangenheit als Opfer von Zwangsprostitution in Verbindung gebracht werden, was auch durch Medienberichte über den Fall begünstigt werde. Zudem sei die Entfernung medizinisch geboten, um die Behandlung ihrer posttraumatischen Belastungsstörung erfolgreich zu unterstützen. Eine alleinige Psychotherapie reiche in diesem Fall nicht aus.
Das Gericht bewertete die Tattoo-Entfernung daher als ausnahmsweise notwendige Krankenbehandlung – und verpflichtete die Krankenkasse zur Kostenübernahme.
(AZ S 27 KR 717/16 )
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