Praxisgebühr 2.0 ? Empörung nach Arbeitgeber-Vorstoß
Argument Patientensteuerung
Bereits zwischen 2004 und 2012 mussten die Versicherten beim ersten jeweils Besuch einer Arztpraxis im betreffenden Quartal eine Praxisgebühr von 10 Euro zahlen. Diese wurde nicht zuletzt wegen ausbleibender größerer Effekte und auch aufgrund des bürokratischen Aufwands wieder eingestellt. Die neue so genannte Kontaktgebühr wollen die Arbeitgeber aus dem gleichen Grund wie 2004 einführen. Die "Patientensteuerung" müsse "besser werden" und „Ärzte-Hopping“ eingedämmt werden, so BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter gegenüber Jorunalisten. Die neue Gebühr solle finanziell für die Patienten spürbar sein, um gewünschte Verhaltensänderungen herbeizuführen. Eine konkrete Summe nannte der Arbeitgebervertreter nicht.
"Populistische Schnapsidee"
Der Vorschlag stieß jedoch auf heftigen Widerstand. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) bezeichnete die Forderung als „populistische Schnapsidee fürs Sommerloch“. DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel warnte, eine Gebühr belaste insbesondere einkommensschwache Menschen und könnte dazu führen, dass Erkrankte aus Kostengründen nicht zum Arzt gingen. Zudem habe die frühere Praxisgebühr, die von 2004 bis 2012 galt, keinerlei Steuerungswirkung entfaltet, sondern nur Bürokratie in den Praxen erzeugt.
Auch die Grünen im Bundestag kritisierten die Idee. "Eine Kontaktgebühr für Arztbesuche wäre nichts anderes als ein Rückfall in alte Irrwege", sagte der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen. Das Kernproblem des Gesundheitswesens liege auch nicht auf der Einnahmenseite, sondern unter anderem bei aus dem Ruder laufenden Ausgaben, etwa für Krankenhausversorgung und Arzneimittel.
Ebenfalls kritisch reagierten Patientenschützer. Eugen Brysch, Vorstand der Stiftung Patientenschutz, erinnerte daran, dass die Praxisgebühr bereits 2012 abgeschafft wurde. Sie habe zu hohem Verwaltungsaufwand geführt und teilweise bewirkt, dass Patientinnen und Patienten notwendige Arztbesuche aufschoben.
Neben der Kontaktgebühr sprach sich Kampeter für tiefgreifende Einschnitte bei den Sozialausgaben aus. Der Sozialstaat sei in den vergangenen Jahren „deutlich stärker gewachsen als die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landes“ und inzwischen „quasi insolvent“.