Tinnitus: wenn Phantomgeräusche permanent auftreten
Was passiert beim sogenannten 'Tinnitus' und wie lässt dieser sich behandeln?Wann ist es nur ein Ohrgeräusch, wann Tinnitus?
Ein Piepen im Ohr macht noch keinen Tinnitus. Sind die Geräusche, für die es keinerlei äußere Quelle gibt, nach einiger Zeit jedoch nicht verschwunden, spricht man von einem Tinnitus. Sind die gar nach drei Monaten noch vorhanden, wird der Tinnitus als chronisch betrachtet. Die Phantomgeräusche können sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern auftreten. Am häufigsten sind allerdings Menschen ab dem 45. Lebensjahr betroffen.
Tinnitus kann einseitig oder in beiden Ohren, dauerhaft oder mit Unterbrechungen auftreten. Auch Art und Frequenz unterscheiden sich von Fall zu Fall. Während einige Betroffene sich an ihn gewöhnen und ihn nicht als Belastung empfinden, leiden andere unter Kopfschmerzen und / oder Schlafstörungen.
Problem Definition Tinnitus
Bei der Frage, ob Tinnitus vorliegt, ist zu klären, ob die störenden Töne aus dem eigenen Körper stammen. Sensible Menschen nehmen zum Beispiel das Fließgeräusch des eigenen Blutes wahr, das auch messbar nachgewiesen werden kann. Anders beim klassischen Tinnitus: Hier gibt es keine Quelle – weder innerlich noch außen.
Bei Tinnitusgeräuschen geht man davon aus, dass diese nicht real existieren. Das bedeutet aber nicht, dass es sich bei der Ursache automatisch um ein psychisches Problem handelt. Als mögliche Ursache gelten etwa Sinneszellen, die durch Lärm geschädigt sind und das Gehörte nicht an das Gehirn weiterleiten können. Aus diesem Grund übermitteln Nervenzellen des Gehirns dann Phantomgeräusche, die nur der Betroffene wahrnehmen kann. Vergleichbar ist dieser Prozess mit dem Phantomschmerz, den Amputationspatienten wahrnehmen.
Häufig kann keine eindeutige Ursache für einen Tinnitus festgestellt werden. Neben Schädigungen der Sinneszellen durch Musik, Maschinen- oder Straßenlärm kommen auch Erkrankungen wie Mittelohrentzündungen, Schwerhörigkeit oder Medikamente als Ursachen in Frage.
Mit Psychotherapie den Umgang mit Tinnitus ändern
Sofern die Ursache für ein Phantomgeräusch ermittelt werden kann, kann diese oft gut behandelt werden, wodurch auch ein Tinnitus verschwindet. Ist dies nicht der Fall, wird es schwieriger. Dann kann das Geräusch nur abgemildert werden, indem man als Betroffener Ablenkungsmechanismen entwickelt. Eine kognitive Verhaltenstherapie ist hier sinnvoll: Der Betroffene lernt dabei, sich an das Störgeräusch zu gewöhnen und kann es daher idealerweise irgendwann ignorieren oder zumindest schwächer wahrnehmen.
Hörgerät bei Tinnitus
Eine andere Möglichkeit ist ein Hörgerät mit sogenannter Tinnitusfunktion, das ein anderes Geräusch (zum Beispiel angenehme Klänge oder ein leises Rauschen) erzeugt. Dieses lenkt vom Tinnitus ab oder überdeckt ihn. Auch eine kombinierte Variante aus Verhaltenstherapie und akustischer Überdeckung kommen zum Einsatz.
Weitere Therapien gegen Tinnitus
Weitere Therapiemöglichkeiten sind Physiotherapie, magnetische und elektrische Verfahren zur Stimulation des Gehirns sowie medikamentöse Verfahren.
Da psychische Belastungen wie Stress einen bestehenden Tinnitus verstärken oder sogar überhaupt erst wahrnehmbar machen können, wird bei der Abmilderung des Symptoms auch auf Entspannung gesetzt. Yoga oder autogenes Training sind beispielsweise Möglichkeiten, Ruhe zu finden und sich zu entspannen.
Tinnitracks – Behandlung per App
Eine neuere Methode zur Behandlung von Phantomgeräuschen ist eine musikalische Therapie. Hierbei kommt die App „Tinnitracks“ für das Smartphone zum Einsatz. Diese filtert aus der Wunschmusik des Betroffenen die individuelle Frequenz des Tinnitus heraus. Die Musik ist dann also gefiltert, was eine Beruhigung der Nervenzellen und letztlich eine Verringerung der Lautstärke des Störgeräuschs bewirken soll.
Einige gesetzliche Krankenkassen übernehmen die Kosten für "Tinnitracks". So tragen die Techniker Krankenkasse (TK) sowie die atlas BKK ahlmann die Kosten für die Nutzung der Tinnitus-App jeweils für ein Jahr, sofern ein HNO-Arzt diese Therapieform als geeignet einstuft.
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