Evidenzbasierte Medizin (EbM)

Evidenzbasierte Medizin (engl. Evidence-Based Medicine, kurz EbM) ist ein systematischer Ansatz zur medizinischen Entscheidungsfindung. Ziel ist es, Patientinnen und Patienten auf der Grundlage der besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse, ärztlicher Erfahrung und individueller Patientenwerte optimal zu behandeln.
Die evidenzbasierte Medizin ist ein wesentlicher Bestandteil moderner Gesundheitsversorgung. Sie bietet eine wissenschaftlich fundierte, strukturierte und zugleich patientenorientierte Grundlage für medizinische Entscheidungen – und fördert damit Qualität, Sicherheit und Transparenz in der Versorgung.
Definition Evidenzbasierte Medizin
Die evidenzbasierte Medizin ist laut David Sackett, einem der Begründer des Konzepts, definiert als:
„Der gewissenhafte, ausdrückliche und vernünftige Gebrauch der gegenwärtig besten wissenschaftlichen Belege bei Entscheidungen über die Versorgung einzelner Patienten.“
EbM ersetzt nicht die ärztliche Erfahrung oder die Wünsche der Patienten, sondern verbindet klinisches Wissen mit aktueller Forschung und individueller Lebensrealität.
Drei Säulen der evidenzbasierten Medizin
Beste verfügbare Evidenz
Aktuelle, qualitativ hochwertige wissenschaftliche Studien, insbesondere randomisierte kontrollierte Studien (RCTs), systematische Übersichtsarbeiten oder Metaanalysen.
Klinische Expertise
Das Erfahrungswissen und die Einschätzungsfähigkeit von Ärztinnen und Ärzten, um die wissenschaftliche Evidenz im konkreten Einzelfall richtig zu bewerten und anzuwenden.
Werte und Präferenzen der Patienten
Die Vorstellungen, Lebensumstände, Wünsche und Prioritäten der behandelten Person – z. B. zur Lebensqualität, Risikobereitschaft oder Behandlungsform.
Anwendungsfelder und Prozess
- Therapieentscheidungen (z. B. Wahl eines Medikaments)
- Diagnostik (z. B. Auswahl eines Screening-Verfahrens)
- Prognoseeinschätzungen
- Gesundheitsökonomische Bewertungen
- Entwicklung von klinischen Leitlinien
- Methodisches Vorgehen
Die EbM folgt einem strukturierten hierarchischem Prozess. Dieser beginnt mit der Formulierung einer klinischen Frage, gefolgt von systematischer Recherche nach relevanter Evidenz, einer kritischen Bewertung der Studienqualität, anschließender Anwendung auf den individuellen Patientenfall und abschließender Evaluation des Behandlungsergebnisses.
Die Aussagekraft der verwendeten Studien wird in einer Evidenzhierarchie geordnet. Die höchste Evidenz liefern systematische Übersichtsarbeiten und Metaanalysen von RCTs, gefolgt von einzelnen RCTs, Beobachtungsstudien, Expertenmeinungen usw.
Kritik und Herausforderungen
Nicht für alle Fragestellungen existiert ausreichend hochwertige Evidenz. Studienbedingungen unterscheiden sich oft von der realen Versorgung. Der Aufwand für Recherche und kritische Bewertung ist hoch. Zudem besteht die Gefahr der einseitigen Orientierung an quantitativen Daten.
Relevante Institutionen
In Deutschland fördern unter anderem folgende Einrichtungen die evidenzbasierte Medizin:
- IQWiG (Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen)
- Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA)
- Deutsche Gesellschaft für Evidenzbasierte Medizin (DGEbM)
weiterhin: ÄZQ (Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin) - Ende 2024 aufgelöst)