AOK Niedersachsen erhöht Zusatzbeitrag 2025 empfindlich
Deutliche Mehrbelastung für Versicherte ab Januar 2025
Die AOK Niedersachsen wird zum Jahreswechsel 2025 ihren Zusatzbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung deutlich anheben. Wie die Kasse am Dienstag mitteilte, steigt der Zusatzbeitrag um mehr als ein ganzes Prozent auf nun 2,7 Prozent. Damit ergibt sich ein neuer Gesamtbeitragssatz von 17,3 Prozent für Mitglieder der AOK in Niedersachsen. Für viele Versicherte bedeutet dies eine spürbare Mehrbelastung – insbesondere für Arbeitnehmer, Selbstständige und Rentner mit durchschnittlichem oder unterdurchschnittlichem Einkommen.
24 Euro mehr pro Monat für Durchschnittsverdiener
Nach Angaben der AOK müssen Angestellte mit einem Bruttoeinkommen von etwa 3.500 Euro monatlich künftig rund 24 Euro mehr pro Monat für ihre Krankenversicherung aufbringen. Noch stärker trifft es Selbstständige und Freiberufler, die sich freiwillig gesetzlich versichern: Sie zahlen ab Januar bis zu 476,83 Euro im Monat an die AOK Niedersachsen – aktuell liegt der Höchstbetrag noch bei 416,59 Euro, was eine jährliche Mehrbelastung von über 700 Euro bedeutet. Für Menschen mit mittleren Einkommen ist das ein ernstzunehmender Einschnitt ins Haushaltsbudget.
Auch Pflegeversicherung wird teurer
Die Beitragserhöhung betrifft nicht nur die Krankenversicherung. Auch die Pflegeversicherung wird teurer. In der Gesamtschau ergibt sich für viele Versicherte eine doppelte Kostensteigerung. Nach Angaben der AOK soll ihr Haushaltsvolumen im Jahr 2025 bei rund 17,5 Milliarden Euro liegen. Davon entfallen 13,8 Milliarden Euro auf die Krankenversicherung und 3,7 Milliarden Euro auf die Pflegeversicherung. Die Gründe für diese Entwicklung sind komplex, haben aber vor allem mit den strukturellen Defiziten im Gesundheitssystem zu tun.
Gründe für die Beitragserhöhung: Höhere Leistungsausgaben und politische Sparmaßnahmen
Als Hauptursache für die Beitragserhöhung nennt die AOK die stark gestiegenen Ausgaben pro Versichertem. Im Jahr 2024 lagen diese durchschnittlich bei knapp 4.000 Euro pro Kopf. Für 2025 rechnet die Kasse sogar mit einem Anstieg auf 4.200 Euro je Versichertem. Dies sei unter anderem auf die demografische Entwicklung, medizinische Innovationen sowie steigende Arzneimittelpreise zurückzuführen.
Ein weiteres Problem sei die anhaltende Sparpolitik der Bundesregierung sowie die wiederholten Zugriffe auf die Rücklagen der Krankenkassen in den vergangenen Jahren. „Diese politischen Maßnahmen haben die finanzielle Substanz der Kassen systematisch ausgehöhlt“, erklärte der Vorstand der AOK Niedersachsen in einer Pressemitteilung.
Kritik vom Verwaltungsrat: „Versprochene Strukturreformen bleiben aus“
Der Verwaltungsratsvorsitzende der AOK Niedersachsen, Lars Niggemeyer, äußerte sich deutlich:
„Die Solidargemeinschaft der Versicherten muss die Zeche für nicht eingelöste Versprechen aus dem Koalitionsvertrag zahlen. Statt bei den Beitragszahlern weiter auf Beutezug zu gehen, muss der Bund endlich Verantwortung übernehmen und seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Finanzierung versicherungsfremder Leistungen nachkommen.“
Mit „versicherungsfremden Leistungen“ sind etwa Ausgaben für Maßnahmen zur Gesundheitsförderung in Schulen, Leistungen an Rentner oder Beiträge für ALG-II-Empfänger gemeint – all das wird aus dem Beitragstopf der GKV bezahlt, obwohl es eigentlich steuerfinanziert werden sollte. Dies sorgt seit Jahren für Spannungen zwischen Politik und Krankenkassen.
Finanzexperten warnen vor „Zuspitzung der Lage“
Auch unabhängige Gesundheitsexperten schlagen Alarm. Prof. Dr. Christine Rehfeldt vom Institut für Gesundheitsökonomie der Universität Bremen betont:
„Die wiederholten Eingriffe in die Rücklagen und das Ausbleiben notwendiger Strukturreformen haben die Finanzlage der gesetzlichen Krankenkassen nachhaltig destabilisiert. Wir sehen hier nicht nur ein vorübergehendes Defizit, sondern eine strukturelle Schieflage.“
Laut Rehfeldt könnte es in den kommenden Jahren zu weiteren Beitragserhöhungen kommen, wenn keine grundlegenden Änderungen im Finanzierungssystem vorgenommen werden.
Kassenvergleich wichtiger denn je
Für die rund 2,3 Millionen AOK-Versicherten in Niedersachsen bedeutet die Erhöhung eine finanzielle Mehrbelastung – sie haben jedoch ein Sonderkündigungsrecht, das es ihnen erlaubt, auch außerhalb der regulären Bindungsfrist die Kasse zu wechseln. Damit können Versicherte unter Umständen auf eine günstigere Kasse ausweichen.
Experten raten aktuell zum Vergleich der Beitragssätze und Leistungen, da der Zusatzbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht einheitlich ist. Derzeit gibt es eine Spannbreite von etwa zwei Prozentpunkten zwischen der günstigsten und der teuersten Krankenkasse. Die Wahl der Krankenkasse kann somit einen erheblichen Unterschied machen – nicht nur beim Beitrag, sondern auch bei freiwilligen Zusatzleistungen wie professioneller Zahnreinigung, alternativen Heilmethoden oder Bonusprogrammen.
Wie geht es weiter mit der Finanzierung der GKV?
Mit dem demografischen Wandel, der Zunahme chronischer Erkrankungen und dem medizinischen Fortschritt steigen die Gesundheitsausgaben langfristig weiter. Laut dem Bundesgesundheitsministerium könnten die Ausgaben der GKV bis 2030 jährlich um bis zu 5 Prozent zunehmen – weit mehr als die Löhne und Gehälter, aus denen sich die Beiträge speisen. Damit wächst die Finanzierungslücke weiter, wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden.
Kritik kommt auch aus den Reihen der Arbeitgeber. Der Hauptgeschäftsführer der Landesvereinigung der Arbeitgeberverbände Niedersachsen, Jens Möller, sagte:
„Steigende Sozialbeiträge belasten die Unternehmen zusätzlich und gefährden die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts. Es braucht dringend eine Reform hin zu mehr Steuerfinanzierung und weniger Abhängigkeit vom Faktor Arbeit.“
Beitragserhöhung als Warnsignal
Die Beitragserhöhung der AOK Niedersachsen ist kein Einzelfall, sondern Teil einer besorgniserregenden Entwicklung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Sie zeigt, dass das derzeitige Finanzierungsmodell an seine Grenzen stößt – zulasten der Beitragszahler. Solange sich an der politischen Grundhaltung zur Finanzierung nichts ändert, drohen weitere Erhöhungen auch bei anderen Kassen.
Für Versicherte heißt es jetzt: informieren, vergleichen, handeln. Ein Krankenkassenwechsel kann sich lohnen – nicht nur finanziell, sondern auch in puncto Service und Leistungen. Gleichzeitig wächst der Druck auf die Politik, nachhaltige Lösungen für ein gerechtes, stabiles und solidarisches Gesundheitssystem zu entwickeln.
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