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E-Health

Telemedizin: Wie sinnvoll ist die digitale Sprechstunde?

Ferndiagnosen per App und Co. auf dem Vormarsch
veröffentlicht am 29.03.2018 von Redaktion krankenkasseninfo.de

Telemedizin per SmartphoneTelemedizin per Smartphone(c) fotolia.de / Björn Wylezich
Bislang ist die ausschließliche Fernbehandlung von Patienten in Deutschland verboten. Auch Diagnosen dürfen nicht ohne Termin in der Praxis gestellt werden. Das könnte sich schon bald ändern. In Modellregionen wird bereits beides erprobt.

2018-03-29T12:55:00+00:00
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Während das Fernbehandlungsverbot in Deutschland noch für große Einschränkungen in der Telemedizin sorgt, ist man in anderen europäischen Ländern schon weiter, beispielsweise in Schweden oder in der Schweiz. Dort gehört die Telemedizin seit Längerem zum Alltag. Die Behandlung per digitaler Sprechstunde ist derzeit noch in allen deutschen Bundesländern verboten, sofern es vorher keinen persönlichen Termin gab. Aber auch wenn sich Arzt und Patient bereits kennen, muss die Diagnose vor Ort gestellt werden. Danach können Beratungen und Therapien aus der Ferne erfolgen.

Erste Modellprojekte zur digitalen Ferndiagnose 

Seit März 2018 existiert in Baden-Württemberg ein erstes Modellprojekt mit Namen „DocDirect“ zur digitalen Sprechstunde. Angesprochen sind dabei alle gesetzlich Krankenversicherten, wobei es um die Kommuniaktionswege zwischen Patienten und Arzt geht, wenn der eigene Hausarzt nicht erreichbar ist.

Haben die teilnehmendne Patienten ein medizinisch unkompliziertes und nicht notfallbezogenes Problem, können sie sich entweder per Telefon oder App damit an einen Arzt wenden. Eine medizinische Fachkraft ist beim Anruf beziehungsweise der digitalen Anfrage der erste Ansprechpartner und vermittelt nach Einschätzung des Falls einen passenden Arzt. Dieser ruft den Patienten zurück oder erscheint auf dem Computer- beziehungsweise Handybildschirm. Sofern der Arzt über einen Bildschirm mit seinem Patienten verbunden ist, kann er sich sichtbare Problembereiche am Körper ansehen. In einigen Fällen ist dies für die Diagnose unbedingt notwendig. Das Besondere an diesem Projekt ist, dass der Arzt aus der Ferne Diagnosen stellen, den Patienten krankschreiben und sogar Rezepte ausstellen darf.

Auch an der Charité Berlin gibt es ein Modellprojekt zur Digitalisierung. Dort überprüft ein aus Ärzten und Krankenschwestern bestehendes Team per Computer täglich unter anderem die Blutdruck- und EKG-Werte einiger Herzinsuffizienz-Patienten. Das Projekt soll eineinhalb Jahre laufen. Die freiwillig teilnehmenden Patienten leben verstreut in Deutschland und kommunizieren aus der Ferne mit dem Team in Berlin. Sie messen ihre Werte zu Hause mit speziell für das Projekt entwickelten Geräten und geben sie per Bluetooth an die Klinikcomputer weiter.

Ferndiagnose – große Chance mit Grenzen

Ein Vorteil der Diagnose per digitaler Sprechstunde liegt auf der Hand: Man muss sich nicht wegen jeder Kleinigkeit zum Arzt begeben und gegebenenfalls Stunden im Wartezimmer zubringen. Insbesondere jetzt, da die Grippe kursiert, wollen Patienten mit kleineren gesundheitlichen Problemen den Kontakt mit anderen Kranken sicherlich, wenn möglich, vermeiden.
Außerdem kommt man häufig nicht aus dem Bett, wenn sich beispielsweise eine Erkältung oder ein kleiner Magen-Darm-Infekt eingestellt hat. Den Gang zum Arzt anzutreten, ist dann kaum möglich, genauso wie der Gang zur Arbeit. Doch was macht man, wenn der Chef bereits für den ersten Tag des Arbeitsausfalls einen Krankenschein einfordert? Hier wäre eine Ferndiagnose mit anschließender Krankschreibung sinnvoll.

Vorteile für Chroniker und Menschen im ländlichen Raum

Das Beispiel des Charité-Projekts zeigt einen weiteren Vorteil der Telemedizin: Die Werte der Betroffenen müssen täglich überprüft werden. Da sie nach der Einweisung durch Fachpersonal nun selbstständig ihre Werte zu Hause messen können, sind deutlich weniger Kontrolltermine in einer Klinik notwendig. Von derartigen Angeboten könnten zukünftig auch andere chronisch Kranke profitieren.
In Gebieten, in denen Ärztemangel herrscht, könnte die digitale Sprechstunde Ärzten helfen, ihr Pensum zu bewältigen und dabei mehr Patienten zu helfen. Besonders ältere Menschen müssten dann beispielsweise nicht beim Arzt erscheinen, um sich ein neues Rezept ausstellen zu lassen.

Problematisch kann es werden, wenn sich Patienten aus Gründen der Bequemlichkeit für eine Ferndiagnose entscheiden, statt einen Arzt aufzusuchen. Es gibt medizinische Maßnahmen, die nur durch eine Vor-Ort-Behandlung erfolgen sollten. Das betrifft vor allem die Krebsvorsorge. Auch Auffälligkeiten wie Schwellungen müssen vom Arzt ertastet werden, hier genügt eine Sichtung am Bildschirm allein nicht.


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