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Bundestagswahl 2021: SPD

"Wir garantieren auch 2022, dass die SV-Beiträge unter 40 Prozent bleiben"

WAHL-SPEZIAL mit den gesundheitpolitischen Sprechern der Parteien und Fraktionen
veröffentlicht am 23.07.2021 von Redaktion krankenkasseninfo.de

Sabine Dittmar (SPD)  Sabine Dittmar (SPD)(c) Maximilian König
Sabine Dittmar ist Ärztin und gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Bundestag. Zum Abschluss unseres WAHL-SPEZIAL beantwortet die Sozialdemokratin sieben Fragen zur Gesundheitspolitik ihrer Partei, die seit zwei Legislaturperioden Jahren mitregiert und laut Umfragewerten höchstwahrscheinlich auch nach 2021 an der Regierung sein wird.  

2021-07-23T12:43:00+00:00
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Die gesetzlichen Krankenkassen stöhnen unter der Finanzlast durch Corona und die Reformen der GroKo. Derzeit können nur große Milliardensummen aus dem Steuerhaushalt höhere Beiträge verhindern. Hand aufs Herz – wie soll das alles weitergehen?

Sabine Dittmar: Der rote Faden der SPD-Gesundheitspolitik: stabile Beiträge, bessere Leistungen und mehr Qualität. Wir garantieren auch 2022, dass die Sozialversicherungsbeiträge insgesamt unter 40 Prozent bleiben.

"Um eine solidarische Finanzierung dauerhaft sicherzustellen, fordern wir die Einführung einer solidarischen Bürgerversicherung."

Die Kosten für Impfungen und Tests werden deshalb in 2021 vollständig aus dem Bundeshaushalt finanziert, das entlastet die Kassen um circa drei Milliarden Euro. Der Bundeszuschuss an den Gesundheitsfonds wird im kommenden Jahr erhöht. Um eine solidarische Finanzierung dauerhaft sicherzustellen, fordern wir die Einführung einer solidarischen Bürgerversicherung.


In 2021 wird die Digitalisierung per Gesetz durchgesetzt. Eine zentrale Gesundheitsdatenbank wird geschaffen, auf deren Daten auch forschende Unternehmen Zugriff haben – mit oder ohne Zustimmung der Versicherten. Sieht die SPD eigentlich noch Handlungsbedarf, beim Datenschutz und den Persönlichkeitsrechten nachzubessern?


Sabine Dittmar: Die Corona-Pandemie hat uns deutlich gezeigt, wie wichtig die Digitalisierung im Gesundheitswesen ist. Sie ist aber kein Selbstzweck, sondern muss den Versorgungsalltag der Menschen verbessern. Wir verbinden mit der TI und deren Weiterentwicklung hohe Erwartung. Und deshalb sorgen wir für die passenden Rahmenbedingungen, die auch im Einklang mit dem Datenschutz stehen. Register sind beispielsweise von unschätzbarem Wert zur Sicherheit der gesundheitlichen Versorgung der Patient*innen.

"Register sind von unschätzbarem Wert zur Sicherheit der gesundheitlichen Versorgung der Patient*innen."

Ebenso werden Routinedaten zum Zwecke der Versorgungsforschung erhoben, um unser Gesundheitssystem zielgerichtet weiterentwickeln zu können. Bei der Einrichtung von Registern und zum Zwecke der Datenverarbeitung werden stets höchste Datenschutzstandards erfüllt, zum Beispiel durch Pseudonymisierung, Anonymisierung und Vertrauensstellen.


Die Konkurrenz unter den Krankenkassen läuft wieder stärker über den Beitragssatz, denn für neue  Extraleistungen oder Bonuszahlungen geht das Geld aus. Wie kann der wichtige Wettbewerb der Kassen zum Wohle der Versicherten verstärkt werden?   

Sabine Dittmar: Die Stärke unseres Gesundheitssystems liegt gerade auch darin, dass wir kein staatliches System haben, bei der die Gesundheitsversorgung von der Haushaltslage des Bundes abhängt, sondern ein Krankenversicherungssystem mit gesetzlichen Krankenkassen, die im Wettbewerb zueinander stehen. Dieser Wettbewerb ist natürlich kein Selbstzweck, sondern er soll Beitragssätze stabil halten und für Kassen den Anreiz setzen, die Versorgung ihrer Versicherten und auch ihren Service kontinuierlich zu verbessern.

"Die Stärke unseres Gesundheitssystems liegt gerade auch darin, dass wir kein staatliches System haben."

Für einen fairen Wettbewerb in der GKV ist der Morbi-RSA zwar der zentrale Mechanismus, er muss aber begleitet werden von einer wettbewerblichen Rahmenordnung. Eine breite Kassenlandschaft und somit ein breiter Kassenwettbewerb sind sinnvoll, so lang sie dazu führen, dass Beitragssätze stabil bleiben, die Versorgungsqualität erhöht und Versorgung mit den Akteuren vor Ort gestaltet wird. Insbesondere hinsichtlich der Vertragsfreiheiten bei Selektivverträge ist der Wettbewerb sicherlich ausbaufähig.

Die Große Koalition hat mit SPD-Beteiligung erstmals seit 1976 eine Impfpflicht per Gesetz erlassen, um Maserninfektionen zu vermindern. Auch bei Corona ist eine Pflichtimpfung im Gespräch. Ist die lange Ära der Freiwilligkeit von Schutzimpfungen nun vorbei?    

Sabine Dittmar: Eine COVID-19-Impflicht ist von der SPD nicht geplant. Wir setzen auf Überzeugung durch Information und Aufklärung, niedrigschwellige Impfangebote sowie auf Freiwilligkeit und Solidarität.

Geltende Patente bremsen die Impfstoffproduktion und verhindern eine schnellere Immunisierung der Bevölkerung gegen Corona. Warum ist die SPD eigentlich gegen eine zeitweise Aufhebung der Patente und wie sonst könnte das Impftempo erhöht werden?  

Sabine Dittmar: Die SPD setzt sich seit Beginn der Pandemie für internationale Gerechtigkeit ein. Deutschland ist einer der größten bilateralen Geldgeber für die internationale Initiative ACT-A und COVAX, das Projekt zur globalen Verteilung der Impfstoffe.  Um als Menschheit gemeinsam dieser globalen Krise zu begegnen, braucht es jedoch mehr als Geld. Es kommt vor allem darauf an, dass schnellstmöglich ausreichend Impfstoff in allen Ländern zur Verfügung steht. Die SPD unterstützt aus diesem Grund ein gemeinsames globales Vorgehen zur Produktion und Bereitstellung von Impfstoffen. Wir setzen uns dafür ein, dass sich der Ausbau unserer Produktionskapazitäten am weltweiten Bedarf orientiert und nicht gebrauchte Impfstoffe der Europäischen Union unverzüglich an Nachbarstaaten der EU und im Rahmen der COVAX-Initiative weitergegeben werden.

"Die SPD unterstützt aus ein gemeinsames globales Vorgehen zur Produktion und Bereitstellung von Impfstoffen."

Die SPD setzt sich für einen weitreichenden weltweiten Ausbau der Produktionskapazitäten des Impfstoffes ein und für eine umfassende Unterstützung der Länder des globalen Südens beim Aufbau eigener Produktionskapazitäten u.a. durch Technologie- und Wissenstransfer und Anschubfinanzierungen sowie die Schaffung leistungsfähiger regionaler Verteilungssysteme für Medikamente und Medizinprodukte. Klar ist, dass wir diese Pandemie nur gemeinsam überwinden können.


Der Anteil öffentlicher Kliniken nimmt beständig ab, während der private ausgebaut wird. Klinikschließungen und geplante Zentralisierungen tun ihr übriges. Was will die SPD für den Erhalt kommunaler und ländlicher Gesundheitsstandorte tun?  

Um eine gute und qualitativ hochwertige Krankenhausversorgung dauerhaft sicherzustellen, brauchen wir eine bedarfsgerechte Grundfinanzierung der Kliniken. Dort, wo es zwar einen Versorgungsbedarf, aber nur geringe Fallzahlen gibt (beispielsweise bei der Versorgung von Kinder- und Jugendlichen), können Krankenhäuser niemals wirtschaftlich betrieben werden. Sicherstellungszuschläge und Zuschläge in ländlichen Gebieten sind richtige Schritte. Wir müssen aber die Vergütungs- und Finanzierungsinstrumente weiterentwickelt, damit auch Vorhaltekosten besser berücksichtigt werden können.

"Zuschläge in ländlichen Gebieten sind richtige Schritte."

Zudem müssen die Investitionskosten besser finanziert werden. Wir brauchen also dringend eine dauerhafte tragfähige Lösung für die Finanzierung der Investitionskosten und eine Krankenhausplanung, die ihren Namen verdient. Ziel der nächsten Legislaturperiode ist es, eine bedarfsgerechte Grundfinanzierung der Kliniken zu erreichen und die dringend benötigte Reform der Notfallversorgung zu vollziehen.

Seit fast zwei Jahrzehnten tritt die SPD für eine Bürgerversicherung und das Ende der PKV ein, ohne das bislang in einer Regierungskoalition durchsetzen zu können. Wie sieht ein Update des Konzeptes 2021 aus und welche Rolle hat die private Krankenversicherung dabei inne?

Ein leistungsfähiges Gesundheitssystem braucht eine stabile und solidarische Finanzierung. Die SPD fordert daher schon lange die Einführung einer solidarischen Bürgerversicherung. Das bedeutet: Gleich guter Zugang zur medizinischen Versorgung für alle, eine solidarische Finanzierung und hohe Qualität der Leistungen.

Im Pflegebereich wollen wir eine Vollversicherung als Bürgerversicherung, die alle pflegerischen Bedarfe und Leistungen abdeckt.

Im Pflegebereich wollen wir eine Vollversicherung als Bürgerversicherung, die alle pflegerischen Bedarfe und Leistungen abdeckt. Ein erster Schritt dorthin ist für uns, für Pflegebedürftige den Eigenanteil zu deckeln, damit Pflege bezahlbar bleibt. Die Bemessungsgrenze zur Erhebung der Beiträge zur gesetzlichen Kranken und Pflegeversicherung wollen wir regelmäßig anpassen.

 

 

 

 

WAHL SPEZIAL 2021

Im WAHL-SPEZIAL antworteten weitere Parteien u.a. alle im Bundestag vertretenen sowie FREIE WÄHLERÖDP, PIRATEN, Volt, und Graue Panther

 

Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS90/GRÜNE) Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS90/GRÜNE)
"Leistungseinschränkungen wird es mit uns nicht geben"Interview mit Maria Klein-Schmeink, BÜNDNIS90 / DIE GRÜNEN

 

 

 

Christine Aschenberg-Dugnus (FDP) Christine Aschenberg-Dugnus (FDP)
"Ohne Veränderungen wird die Gesundheitsversorgung unbezahlbar"Interview mit Christine Aschenberg-Dugnus (FDP)

 

 

 

Achim Kessler (LINKE) Achim Kessler (LINKE)(c) LINKSFRAKTION / Bundestag
"Für eine solidarische Gesundheitspolitik"Interview mit Achim Kessler, DIE LINKE

 

 

 

Detlev Spangenberg Detlev Spangenberg(c) Deutscher Bundestag
"Den Gesundheitsfonds wollen wir abschaffen“Interview mit Detlev Spangenberg (AfD)

 

 

 

 

Michael Hennrich (CDU) Michael Hennrich (CDU)(c) CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag
"Impfungen gegen das Corona-Virus bleiben freiwillig“Interview mit Michael Hennrich (CDU)

 

 

 

 

 

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