Stabile Strukturen bieten Sicherheit
Interview mit Oliver Reken, Vorstand City BKK / BKK HeilberufeHerr Reken, Sie agieren als Vorstand zweier Krankenkassen, die im Jahr 2011 geschlossen wurden. Wie kann man sich Ihre Tätigkeit vorstellen?
Oliver Reken: Die in Abwicklung befindlichen Kassen müssen auch weiterhin gerichtlich und außergerichtlich vertreten werden. Das Sozialgesetz sieht vor, dass hierfür der Vorstand zuständig ist. Klar ist, dass meine Tätigkeiten von denen eines Vorstands einer existierenden Krankenkasse abweichen. Geht es dort um ein gutes Versorgungsangebot oder die zukünftige Strategie der Krankenkasse, so sind es bei mir andere Themen, die stets auf die vollständige Auflösung der Kassen gerichtet sind. Bis zu diesem Zeitpunkt muss deren Arbeitsfähigkeit erhalten bleiben. Beispielsweise sorgen die wenigen, bei den Kassen noch tätigen Mitarbeiter dafür, dass den Kassen offene Forderungen zufließen oder Versicherte Auskunft zu ihren Versichertenzeiten erhalten.
Das heißt, jedes ehemalige Mitglied einer der beiden Kassen kann sich sicher sein, dass seine Versicherungsnachweise vorhanden, dokumentiert und verfügbar sind? Oder gibt es Fristen, nach deren Ablauf kein Nachweis mehr möglich ist?
Oliver Reken: Ja, jedes ehemalige Mitglied kann sicher sein, dass die Kassen über zurückliegende Versicherungszeiten Auskunft geben können. Beachtet werden müssen natürlich die Aufbewahrungsfristen. Generell gelten für geschlossene Krankenkassen die gleichen Grundsätze. Versichertenverzeichnisse werden längstens 30 Jahre aufbewahrt. Auskünfte von den beiden Kassen über bezogene Leistungen zu erhalten ist aus Datenschutzgründen kaum noch möglich - meist sind die Aufbewahrungsfristen abgelaufen.
An wen können sich ehemalige Versicherte der beiden Kassen wenden, wenn sie Nachweise benötigen oder Fragen haben?
Oliver Reken: Sowohl die City BKK als auch die BKK für Heilberufe sind für ihre ehemaligen Versicherten und Arbeitgeber weiterhin erreichbar. Dies per Telefon, Mail oder Post. Die Kontaktdaten sind über die Internetseiten der Kassen abrufbar. Die Zeiten, in denen wir telefonisch erreichbar sind, haben wir jedoch reduziert. Telefonische Anfragen, zum Beispiel um einen Versichertennachweis zu erhalten, nehmen meine Mitarbeiter gerne von Montag bis Donnerstag in der Zeit von 10.00 Uhr bis 12.00 Uhr entgegen.
Was genau beinhaltet eigentlich der Status „Körperschaft des öffentlichen Rechts in Abwicklung“ und wann ist auch dieser zu beenden – Gibt es den Punkt, dass einmal alle Nachforderungen beglichen sein werden überhaupt?
Oliver Reken: Die Träger der Sozialversicherung sind Körperschaften des öffentlichen Rechts. Auch in Abwicklung befindliche Krankenkassen sind weiterhin Körperschaften des öffentlichen Rechts und erfüllen gesetzlich geregelte Aufgaben, für die sie bis zur Schließung zuständig waren. Damit der Status der Abwicklung nach außen erkennbar ist, führen sie den Zusatz „in Abwicklung“.
Zu den gesetzlich geregelten Aufgaben gehört beispielweise die Realisierung offener Forderungen der Beitragsschuldner. Fortbestehen werden die Abwicklungskassen so lange, wie es der Zweck der Abwicklung erfordert. Wann die Abwicklung der Kassen als beendet gelten kann, dazu kann ich heute noch keine Aussage treffen. Klar ist aber, dass es den Zeitpunkt geben wird, an dem über alle bekannten Forderungen entschieden wurde oder die anderen Abwicklungsaufgaben erledigt wurden. Dies zeigen Schließungen, die schon länger zurück liegen und bei denen die Abwicklung schon länger als beendet gilt. Im Übrigen werden die Finanzen der in Abwicklung befindlichen Kassen jährlich durch Wirtschaftsprüfer bewertet.
Die Schließung der City BKK geschah laut Wikipedia wegen drohender Insolvenz. Kann dieses Szenario jederzeit wieder geschehen oder handelte es sich Ihrer Meinung nach um einen einmaligen Vorgang?
Oliver Reken: Gesundheitspolitische Beschlüsse führen zu stetigen Veränderungen innerhalb des Gesundheitswesens und damit auch bei den Krankenkassen. Sollte das „Faire-Kassenwahl-Gesetz“ wie angekündigt umgesetzt werden, so hat dieses auch Einfluss auf die Haftungsstrukturen der gesetzlichen Krankenversicherung. Wie es sich auswirken wird, kann ich nicht voraussagen - aber beispielsweise die Betriebskrankenkassen haben sich für eine einheitliche Haftungsprävention ausgesprochen. Aus meiner Sicht ist die gesetzliche Krankenversicherung finanziell gut aufgestellt. Die Rücklagen der Kassen betragen aktuell mehr als das Vierfache der vorgesehenen Mindestreserve. Zudem ist man heute in der Lage schnell zu erkennen, ob bei einer einzelnen Krankenkasse eine Schieflage entsteht und kann zügig gegensteuernde Maßnahmen einleiten. Die Betriebs-krankenkassen haben aus der Schließung der Kassen Erkenntnisse erzielen können, welche Maßnahmen zur Vermeidung bzw. Behebung einer Schieflage notwendig sind. Ich halte eine weitere Kassenschließung daher nahezu für ausgeschlossen.
GKV-Mitglieder sollten ein Recht auf stabile und verlässliche Strukturen haben. Was würden Sie Versicherten raten, deren Krankenkasse in eine Schieflage gerät?
Oliver Reken: Die Strukturen der gesetzlichen Krankenversicherung waren aus meiner Sicht immer stabil und verlässlich und sie sind es auch heute. Kein Versicherter musste bisher in Deutschland auf seinen berechtigten Leistungsanspruch verzichten. Diese stabilen Strukturen geben Sicherheit. Meine Empfehlung an die Versicherten ist, den Wettbewerb der Krankenkassen um gute Versorgungsangebote zu nutzen und sich für das Kassenangebot entscheiden, dass am besten zu ihnen passt.
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