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Pressemitteilung AOK Sachsen-Anhalt

Qualitätsatlas Pflege: Große Unterschiede bei der Qualität der Versorgung in Pflegeheimen

veröffentlicht am 16.06.2025 von Redaktion krankenkasseninfo.de

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Fehlende Prophylaxe und Prävention, kritische Arzneimittelversorgung und vermeidbare Krankenhausaufenthalte: Das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) hat aktuelle Daten zur Versorgungsqualiät in Pflegeheimen vorgelegt. Im „Qualitätsatlas Pflege“ werden kritische Ereignisse in der pflegerischen, ärztlichen und therapeutischen Versorgung erfasst und bis auf Kreisebene transparent gemacht. Die aktuellen Daten zeigen erhebliche regionale Qualitätsunterschiede. Zudem haben sich seit der letzten Auswertung kaum Verbesserungen ergeben. 

2025-06-16T13:52:00+02:00

Ein anhaltendes Problem ist der Auswertung zufolge die Dauerverordnung von Beruhigungs- und Schlafmitteln: Bundesweit 7,14 Prozent der Pflegeheimbewohnenden erhielten 2023 eine Dauerverordnung von Benzodiazepinen, Benzodiazepin-Derivaten und Z-Substanzen.

Diese Arzneimittel wirken schlaffördernd, beruhigend und angstlösend – allerdings nur kurzfristig, denn nach vier Wochen sind diese Effekte nicht mehr gegeben. Bei langfristiger Gabe drohen dann Abhängigkeiten, eine erhöhte Sturzgefahr sowie das Auftreten von Angst und Depressionen.

„In Deutschland zählen diese Wirkstoffe zu den häufigsten potenziell inadäquat verschriebenen Medikamenten für ältere Menschen“, erklärt Marion Strickmann, Leiterin der Unternehmenseinheit Gesundheit und Medizin bei der AOK Sachsen-Anhalt. „Aktuelle Erkenntnisse darüber, wie viele Menschen speziell in Pflegeheimen davon betroffen sind, lagen bisher kaum vor. Die Auswertung des WIdO sorgt hier für mehr Transparenz.“

Dauerverordnungen im Westen häufiger, Sachsen-Anhalt mit geringstem Anteil

Seit 2017 sind die Anteile bundesweit nur gering zurückgegangen, und zwar von 8,17 Prozent auf 7,14 Prozent im Jahr 2023. Regional zeigen die neuesten Daten erhebliche Abweichungen: So war der Verordnungsanteil im Saarland 2023 mit 15,88 Prozent doppelt so hoch wie im bundesweiten Schnitt.

Insgesamt zeigt die Analyse, dass die risikoreichen Dauerverordnungen im Westen deutlich häufiger vorkommen als im Osten. Den geringsten Wert zeigt Sachsen-Anhalt – hier lag der Verordnungsanteil bei nur 2,90 Prozent. Aber auch innerhalb von Sachsen-Anhalt gibt es deutliche Unterschiede (Tabelle 1). Während der Anteil im Burgenlandkreis bei 1,43 Prozent liegt, war er in der Börde mit 4,93 Prozent mehr als dreimal so hoch.

„Es freut uns, das Sachsen-Anhalt im Vergleich so positiv hervorsticht. Insgesamt unterstreichen die Ergebnisse des Qualitätsatlas Pflege allerdings bundesweit den anhaltenden Optimierungsbedarf bei dieser risikoreichen und nicht zielführenden Dauermedikation“, betont Strickmann. Einzubeziehen wären hierbei idealerweise auch Informationen zu privat rezeptierten Schlaf- und Beruhigungsmitteln. Die Auswertungen des Qualitätsatlas Pflege basieren auf den AOK-Routinedaten und damit ausschließlich auf Verordnungen, bei denen die Kostenerstattung über die Krankenkasse erfolgte.

Fast 80 Prozent der Pflegeheimbewohnenden mit Diabetes ohne augenärztliche Vorsorge

Klare Defizite in der Versorgungsqualität zeigen sich auch an der Schnittstelle zur ambulant-ärztlichen Versorgung: So haben bundesweit 79,15 Prozent der an Diabetes erkrankten Pflegeheimbewohnenden 2023 keine augenärztliche Vorsorge erhalten. Sachsen-Anhalt liegt mit einem Anteil von 78,78 Prozent nur leicht unter dem bundesweiten Durchschnitt.

Dabei sehen die medizinischen Leitlinien eine regelmäßige Kontrolle der Augen vor, um frühzeitig Veränderungen der Netzhaut zu erkennen und irreversible Sehstörungen zu vermeiden. Strickmann: „Gerade der Erhalt der Sehkraft ist ein wesentlicher Faktor für Lebensqualität und Selbstständigkeit. Bei Verlust drohen soziale Isolation, psychische Beeinträchtigungen sowie ein erhöhtes Risiko für Verletzungen.“

Regional betrachtet zeigen sich in Sachsen-Anhalt große Unterschiede (Tabelle 2). Der Landkreis Halle (Saale) hat mit 64 Prozent den geringsten Anteil, den höchsten der Altmarkreis Salzwedel mit 89,68 Prozent. Den größten Anstieg im Vergleich zu 2017 hat der Landkreis Magdeburg zu verzeichnen: Hier haben 2023 80,90 Prozent der Pflegeheimbewohnenden keine augenärztliche Vorsorge erhalten, das sind über 8 Prozentpunkte mehr als 2017 (72,63 Prozent).

Strickmann: „Diese kleinräumige Analyse bis auf Kreisebene kann den Verantwortlichen vor Ort und den gesundheitspolitischen Akteuren helfen, gezielt nach den Ursachen für die regionale Unterversorgung zu fahnden. Ein entscheidender Faktor ist hier sicherlich die flächendeckende Versorgung mit Augenärzten.“

Stürze bei Risikomedikation: Keine Verbesserung

Der Qualitätsatlas Pflege betrachtet auch sturzbedingte Krankenhausaufenthalte bei Pflegeheimbewohnenden, die Medikamente erhalten, welche die Wahrscheinlichkeit für Stürze erhöhen (sogenannte FRIDs, fall-risk-increasing drugs). Durch die Einnahme von Wirkstoffen wie Antidepressiva, Antipsychotika, Hypnotika/Sedativa oder auch durch Benzodiazepine und Anxiolytika erhöht sich das ohnehin schon hohe Sturzrisiko von betagten, multimorbiden Menschen noch weiter.

2023 sind den Auswertungen zufolge bundesweit im Schnitt 16,23 Prozent der Personen, die im Pflegeheim solche Medikamente erhielten, sturzbedingt im Krankenhaus versorgt worden. Der Anteil blieb damit die letzten Jahre nahezu konstant.

Sachsen-Anhalt hat hierbei mit 14,48 Prozent bundesweit den zweitniedrigsten Wert. Allerdings sind auch hier keine Verbesserungen zu sehen. 2017 lag der Wert bei 14,78 Prozent. Nach 13,64 Prozent 2022 ist er jetzt wieder angestiegen. Unter den Landkreisen hat Stendal mit 11,82 Prozent den niedrigsten Wert, den höchsten der Altmarkkreis Salzwedel mit 17,05 Prozent. (Tabelle 3)

Strickmann: „Die Auswertungen machen deutlich, wie sinnvoll und wichtig es ist, mithilfe der Routinedaten von Kranken- und Pflegekassen Probleme in der Zusammenarbeit der verschiedenen Gesundheitsberufe transparent zu machen. Diese Schnittstellen zwischen Langzeitpflege und Gesundheitsversorgung werden ansonsten kaum systematisch beleuchtet. Die Akteure der Versorgung vor Ort sollten die Analysen aktiv nutzen, um gemeinsam an Verbesserungen zu arbeiten. Die AOK Sachsen-Anhalt steht als Ansprechpartnerin zur Verfügung.“

Neben den genannten Indikatoren betrachtet der Qualitätsatlas Pflege noch sieben weitere Themen im regionalen und zeitlichen Vergleich. Im Online-Portal www.qualitaetsatlas-pflege.de sind die Ergebnisse für die einzelnen Bundesländer und für die rund 400 Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland im regionalen Vergleich dargestellt.

 

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