Elektronische Patientenakte im Schnellstart-Modus: Keine Datenhoheit für Patienten
Aus Zeitnot soll der Datenschutz zeitweilig beschnitten werdenBei der Konzeption der Elektronischen Patientenakte ist eigentlich eine Berechtigungsfunktion vorgesehen, mit der die Versicherten Befunde wahlweise vor der ärztlichen Einsicht verbergen können. Damit die Zeitvorgaben der Regierung bei der flächendeckenden Einführung der ePA nicht in Gefahr geraten, soll diese laut einem bericht von Heise.de für den Datenschutz und das Persönlichkeitsrecht essenzielle Funktion nun vorerst ausgesetzt und später realisiert werden.
"Für Patienten inakzeptabel"
Das verstößt eigentlich gegen alle politischen Grundsätze, mit denen die Patientenakte gegen die mahnenden Bedenkenträger durchgesetzt wurde. Zu diesen gehört der Verein Patientenrechte und Datenschutz e.V, der die aktuellen Pläne zur Aussetzung der Berechtigungsfunktion scharf kritisiert. „Selbst berechtigte Zugriffe können nicht auf Teile der ePA eingeschränkt werden, so dass die Zahnärztin die Einträge des Urologen und der Physiotherapeut die Einträge des Psychologen sieht. Dies dürfte für viele Patienten inakzeptabel sein.“, so der Vereinsvorsitzende Bernhard Scheffold in einer aktuellen Stellungnahme.
Von Mindessicherheitsstandards keine Spur
Dr. Bernhard Scheffold - Patientenrechte und Datenschutz e.V.(c) Bernhard Scheffold
Arztpraxen würden „unsicher mit dem Internet verbunden, so dass es für Hacker ein Leichtes ist, die Patientenakten aus dem Praxiscomputer zu entwenden“, warnte Scheffold eindrücklich. Derzeit sei „keine einzige Artpraxis bekannt, die unter Beachtung von Mindestsicherheitsstandards an die Telematikinfrastrukur angeschlossen wurde. Dies ist bei derzeit 80 % Anschlussquote alarmierend.“
Forderungen der Datenschützer
Der Verein Patientenrechte und Datenschutz e.V. fordert einen Stopp und Rückbau des unsicheren flächendeckenden Rollouts der ePA sowie eine Aussetzung der Sanktionen gegen Ärzte, die einen Anschluss an die Telematikinfrastruktur verweigern. Weiterhin sollen die folgenden fünf Grundrechte unangetastet bleiben.
- das Recht auf Vertraulichkeit (Arztgeheimnis),
- das Recht auf strikte Beachtung der Zweckbindung der Patientendaten,
- das Recht auf freie Arztwahl,
- das Recht, keine elektronische Gesundheitsakte zu haben,
- das Recht auf volle Verfügung über die eigene Akte.
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Ich sehe die digitale Selbstbestimmung als gefährdet an.
Immer wieder betonen Politik, Krankenkassen und IT-Unternehmen, dass Datenschutz und Datenhoheit der Versicherten an erster Stelle stehen, wenn im Gesundheitswesen alle medizinischen Daten miteinander vernetzt werden. Dr. Bernhard Scheffold vom Verein Patientenrechte-Datenschutz e.V. hält das für eine Illusion.