Gelebter Pluralismus in der Medizin
Im Interview: Cornelia Bajic – Erste Vorsitzende des Deutschen Zentralvereins homöopathischer ÄrzteIn der derzeitigen Kampagne gegen die Homöopathie wird als Hauptargument immer wieder ein fehlender Wirksamkeitsnachweis ins Feld geführt. Wie würden Sie als Ärztin und Homöopathin darauf antworten ?
Wenn wir vom Wirksamkeitsnachweis sprechen, nämlich der Fähigkeit eines Arzneimittels den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen, so möchte ich feststellen, dass diese in zahlreichen Studien belegt wurde. Beispielsweise in zwei Studien von Prof. Michael Frass aus Wien: „Homöopathie in der Intensivmedizin“ , Effektivität und Kostengünstigkeit konnten in der PEK Studie der Schweiz eindrucksvoll gezeigt werden. Hier ist die homöopathische Behandlung der konventionellen gleichwertig oder überlegen.
"Wir sind daran interessiert, dass sich die Wirksamkeit der Homöopathie erklären ließe und
sind gerne bereit an Forschung hierzu mitzuwirken."
Was aber nun die Wirkung, bzw. den Wirkmechanismus des homöopathischen Arzneimittels betrifft, so geben wir unumwunden zu, dass dies bislang nicht geklärt werden konnte. Erleben wir Homöopathen doch tagtäglich, dass „es funktioniert“, die Erklärung, „warum“, konnten wir bislang nicht finden. Nichtsdestotrotz sind auch wir daran interessiert, dass sich die Wirksamkeit der Homöopathie erklären ließe und sind gerne bereit an Forschung hierzu mitzuwirken und diese zu unterstützen.
Welche Krankenkassen bezahlen Homöopathie? >>> Krankenkassentest
Die Debatte um ein Erstattungsverbot läuft auch vor dem Hintergund aktueller Sparzwänge im Gesundheitswesen. Wie teuer sind homöopathische Behandlungen im Vergleich zu Antibiotika & Co ?
Nun ja, bezüglich der Homöopathie scheint mir das eher eine Scheindebatte zu sein, belaufen sich die Kosten in der GKV für ambulante homöopathische Versorgung im Jahre 2009 auf circa sieben Millionen Euro, im Vergleich zu 26 Milliarden Euro Gesamtausgaben für ambulante Versorgung in der GKV, dann entspricht das in etwa einem Viertel Promille der Gesamtausgaben für die Homöopathie. Das sieht nicht so aus, als hätte die Homöopathie wesentlichen Einfluss auf die Kosten im Gesundheitswesen und ihre Abschaffung wird diesem vermutlich nicht weiterhelfen.
Die Krankenkassen haben bislang die Wahlleistung Homöopathie gegen den Angriff von Seiten der Politik verteidigt. Welche Erfahrungen machen Sie bislang mit den gesetzlich versicherten Patienten und den entsprechenden Homöopathie-Tarifen?
Wir machen sehr gute Erfahrungen mit den Sonderverträgen zur Homöopathie, was wir zum einen am Feedback unserer Ärzte festmachen können, die homöopathische Behandlung wird stark nachgefragt, so dass es auch immer wieder zu längeren Wartezeiten für die Patienten bis zum Behandlungsbeginn in den Praxen kommt.
"Homöopathische Behandlung wird stark nachgefragt"
Zum anderen stehen wir laufend in Verhandlung mit weiteren Krankenkassen, die das Angebot der homöopathischen Behandlung ebenfalls in ihr Portefeuille übernehmen möchten. Hier sind wir ganz offen für neue Ideen, könnten uns beispielsweise auch einen Wahltarif vorstellen, bei dem der Patient eine Zuzahlung leistet.
Es sieht so aus, als würde nach wie vor ein Krieg zwischen Schulmedizin und Alternativen Methoden ausgetragen. Zeigen die homöopathischen Ärzte nicht mit ihrem Beispiel, dass sich beide Sphären sinnvoll ergänzen können?
In der alltäglichen Praxis sieht das so aus, dass homöopathische und schulmedizinische Kollegen im Austausch sind. Komplementäre Medizin wird auch in konventionellen Praxen im großen Maße angewandt, zum beispiel auch in Schmerzambulanzen im Rahmen von integrativen Therapiekonzepten. Da findet schon seit längerem ein „Ineinandergreifen und sich Ergänzen“ verschiedener Therapien statt, sozusagen gelebter Pluralismus in der Medizin.
"Komplementäre Medizin wird auch in konventionellen Praxen im großen Maße angewandt."
Außerdem gilt es, festzuhalten, dass homöopathische Ärzte immer auch Schulmediziner sind, das heißt, sie haben eine fundierte schulmedizinische Ausbildung und arbeiten auch damit. Zusätzlich haben sie eine Methode erlernt, die für die Patienten sehr segensreich sein kann, was aber nicht bedeutet, dass der homöopathische Arzt sich nicht seines schulmedizinischen Wissens bedient sondern es durchaus auch einsetzt, zum Wohle des Patienten.
Hier ergibt sich für mich nicht die Frage von „Entweder oder“, sondern das „Sowohl als auch“. Wir begreifen uns als einen Teil der Medizinlandschaft, aber nicht als Polarität dazu, und so möchten wir auch wahrgenommen werden: im Austausch und in Diskussion mit den Kollegen, im Bereich der Praxis sowie der Wissenschaft.
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Seit mehr als zehn Jahren gehören Homöopathie-Leistungen zum Spektrum der gesetzlichen Krankenkassen. Die Zahl der Kassen die diese alternative Behandlungsform bezuschussen hat stetig zugenommen, allerdings mit deutlichen Unterschieden.
Quellennachweise der zitierten Studien
1.Frass M, Dielacher C, Linkesch M, Endler C, Muchitsch I, Schuster E, Kaye A. Influence of potassium dichromate on tracheal secretions in critically ill patients. Chest. 2005; 127:936-41
2.Frass, M, Linkesch M, Banyai S, Resch G, Dielacher C, Löbl T, Endler C, Haidvogl M, Muchitsch I, Schuster E. Adjunctive homeopathic treatment in patients with severe sepsis: a randomized, double-blind, placebo-controlled trial in an intensive care unit. Homeopathy 2005; 94:75-80
3. Link: Schlussbericht PEK, April 2005 des Schweizerisches Bundesamt für Gesundheit BAG (Eidgenössisches Department des Inneren EDI): http://www.bag.admin.ch/themen/krankenversicherung/00305/02363/index.html