Hauptregion der Seite anspringen
Helmtherapie

"Langsam findet ein Umdenken statt" - Helmtherapie per Krankenkasse?

Der Gesichtschirurg Dr.Dr.Holger Maas aus Bonn ist Begründer des Netzwerkes Helmtherapie
veröffentlicht am 10.04.2014 von Redaktion krankenkasseninfo.de

Helmtherapie bei Kleinkindern Helmtherapie bei Kleinkindern(c) Netzwerk Helmtherapie
Helmtherapie wird bei geburtsbedingt erworbenen Schädelverformungen bei Kleinkindern angewendet. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten dafür nur nach genauer Prüfung im Einzelfall. Der Gesichtschirurg Dr.Dr. Holger Maas aus Bonn möchte mit seinem "Netzwerk Helmtherapie" betroffene Eltern unterstützen und vernetzen.

2014-04-10T13:49:00+00:00
Werbung

krankenkasseninfo.de: Welche Art von Geburtskomplikationen führen aus medizinischer Sicht zu Schädeldeformationen  bei Säuglingen ?

Dr. Dr. Maas: Diese Schädelverformungen treten eher nach als während der Geburt auf. Es handelt sich um eine durch die Geburt bedingte Erkrankung, die dann im Nachhinein zur Schädelabflachung führt. Wir vermuten, dass gerade die schnellen Geburten wie Kaiserschnitte, Vakuum- oder Zangengeburten dazu führen, dass die Kinder eine Art Blockade im Bereich der Halswirbelsäule haben. Die schauen nach der Geburt nur in eine Richtig.Am Anfang fällt das den Eltern gar nicht auf und erst nach sechs bis acht Wochen zeigt sich dann zum ersten Mal eine Abflachung. Die Kinder werden dann häufig physiotherapeutisch oder mit Osteopathie therapiert.

krankenkasseninfo.de: Warum bedarf es denn einer Therapie direkt am kindlichen Schädel ? Geht es dabei um bleibende Schäden, die verhindert werden sollen ?  

Dr. Dr. Maas: Ob es tatsächlich bleibende Schäden gibt, weiß man noch nicht hundertprozentig; es ist aber sehr wahrscheinlich. Ein endgültiger wissenschaftlicher Beweis liegt wegen der langen Zeitdauer einer solchen Studie bislang noch nicht vor. Das ist aber auch genau der Grund, warum sowohl Krankenkassen als auch Sozialgerichte Klagen bei nicht bewilligter Kostenübernahme ablehnen.

"Starke Verformungen stehen im Verdacht, bleibende Schäden zu verursachen"

Denn aus juristischer Sicht ist dies die entscheidende Frage: Wird ein Schaden durch die Helmtherapie abgewandt ? Meine Theorie ist die, dass leichte Asymmetrien aller Voraussicht nach keine Schäden verursachen, sondern eher die ausgeprägteren Formen. Das sind die Verformungen, die man auch mit dem bloßen Auge sehen kann und deren Abweichungen wirklich groß sind. In der Regel werden auch nur diese Verformungen von uns behandelt.

krankenkasseninfo.de:  Worin besteht denn nun genau die therapeutische Wirkung einer angewendeten Helmtherapie ?

Dr. Dr. Maas: Wir sagen den Eltern ganz klar, das es sich nicht um eine ursächliche Therapie handelt. Wenn das Kind eine Blockade im Bereich der Halswirbelsäule hat, sollte die natürlich früh erkannt und aufgelöst werden.Es gibt aber auch Formen, die so ausgeprägt sind, dass trotz eingeleiteter Therapie der Kopf nicht ausreichend rund wird. Das sind dann in der Regel die Kinder, die wir mit einer Helmtherapie behandeln. Die Therapie wirkt so, dass wir einen Scan machen von den Kindern und dabei die komplette Schädelverformung erfassen. Gleichzeitig entsteht mit diesem Datensatz ein Positiv vom Kopf in Form eines Gipskopfes. An diesem Modell wird dann ein Helm hergestellt. Die Wirkweise ist so, dass dort, wo der Kopf unterentwickelt ist, der Helm hohl liegt. Das heißt, Wachstum, was der Kopf hat, erfolgt dann nur in dieser Richtung. Es handelt sich quasi um ein gesteuertes Wachstum in die Hohlform des Helmes hinein.

krankenkasseninfo.de: Für Eltern ist es sicher nicht ganz einfach,  eine geeignete Spezialpraxis für Helmtherapie zu finden. Wie sind die Spezialisten für die Betroffenen zu finden ?

Dr. Dr. Maas: Helmtherapie ist ein relativ neues therapeutisches Verfahren, welches aus den USA kommt und in Deutschland erst seit 1995 angewendet wird. Die hiesigen Kinderärzte waren anfangs auch skeptisch und haben sich der Sache lange Zeit nicht angenommen. In deren Fachgesellschaften findet aber langsam ein Umdenken statt. Viele Ärzte, die früher gesagt hätten, das wächst sich von allein wieder aus, denken heute anders und haben das Problem erkannt.

"Langsam findet ein Umdenken statt"

Auch die Eltern werden ja  immer kritischer und fangen an meist selbst an über das Internet zu recherchieren. Das ist auch der Grund, warum wir ein Netzwerk gegründet haben – um damit den Eltern Informationen an die Hand zu geben. Mittlerweile gibt es viele Unikliniken, aber auch Praxen im niedergelassenen Bereich. Die Helmtherapie anbieten. Man wird da relativ schnell fündig im Internet, aber noch nicht flächendeckend.

krankenkasseninfo.de: Wie hoch liegen die Kosten für eine Helmtherapie und was müssen Eltern beachten, wenn sie eine   Kostenübernahme von den Krankenkasse beantragen wollen  ?

Dr. Dr. Maas: Wir machen das so, dass wir einen Antrag stellen und die Messwerte die Fotos und den Scan mitliefern. Das wird an die Kasse geschickt. Die Kosten setzen sich aus den Beträgen für die ärztliche Betreuung und die Helmanfertigung zusammen und belaufen sich in Deutschland zwischen  1500 und 2500 Euro. Die Krankenkassen handhaben das sehr unterschiedlich. Manche übernehmen alles, andere nur die Kosten für die Heimanfertigung, einige auch prinzipiell gar nicht. In jedem Fall handelt es sich immer um eine individuelle Einzelfallentscheidung.   

Wir sind jetzt gerade mit einer Krankenkasse in der Diskussion, das gewisse Kriterien für eine Kostenübernahme erfüllt sein müssen. Auch da hat also ein Umdenken stattgefunden. Deswegen erarbeiten wir gemeinsam mit dieser Krankenkasse gerade einen Katalog von Kriterien und wenn das Kind dort hineinpasst, wird die Therapie auch übernommen.

 

Zur Website des Netzwerkes Helmtherapie --> Hier

 

Weiterführende Artikel:
  • Mobil vor Ort auf der Seite der Patienten - die Unabhängige Patientenberatung (UPD)
    Seit zwei Jahren können sich ratsuchende Versicherte und Patienten auch vor Ort in den Fußgängerzonen von der Unabhängigen Patientenberatung (UPD) helfen lassen. Jann G. Olendorf, Sprecher der UPD, spricht im Interview über die neuen Angebote und Möglichkeiten.
  • Helmtherapie keine Pflichtleistung der Krankenkasse
    Eine Helmtherapie ( Kopforthese) , die bei Neugeborenen mit Asymmetrien am Kopf angewendet werden kann, wird nicht von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen. Das hat das Sozialgericht in Dortmund in einem bislang noch nicht rechtskräftigen Urteil in einem aktuellen Fall festgestellt.

 

 

 

Bewerten Sie uns 4,8 / 5
https://www.krankenkasseninfo.de

12808 Besucher haben in den letzten 12 Monaten eine Bewertung abgegeben.

Anzeige

Kategorien