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WAHL SPEZIAL 2017: CDU/CSU

"Auch Gesundheit ist global"

Welche Gesundheitspolitik haben wir von CDU / CSU in den nächsten vier Jahren zu erwarten?
veröffentlicht am 17.08.2017 von Redaktion krankenkasseninfo.de

Maria Michalk (CDU) - Foto: Laurence Chaperon Maria Michalk (CDU) - Foto: Laurence Chaperon(c) Laurence Chaperon
Die Unionsparteien haben Anfang Juli ihr Wahlprogramm vorgestellt.  Drei von insgesamt 76 Seiten des aktuellen Wahlkampfpapiers beinhalten Positionen und Vorhaben im Bereich Gesundheit. Einige dringende Fragen blieben dabei offen. Im Rahmen unseres WAHL SPEZIAL stand uns kurz zuvor Maria Michalk (CDU) als gesundheitspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Rede und Antwort.

2017-08-17T12:15:00+00:00
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In der vergangenen Legislaturperiode sind die Krankenkassenbeiträge für die Versicherten um mehr als ein ganzes Prozent gestiegen. Für 2020 werden Beitragssätze um 18 Prozent prognostiziert. Ruft das nicht nach einer grundsätzlichen Beitragsreform, an der auch die Arbeitgeber wieder stärker beteiligt werden?

Der durchschnittliche Beitragssatz betrug 2013 zu Beginn der Wahlperiode 15,5 Prozent. Er liegt jetzt am Ende der Wahlperiode bei 15,7 Prozent. Dem gegenüber stehen erhebliche Leistungsverbesserungen für die Versicherten. Die Prognose von 18 Prozent für 2020 teile ich nicht. Gleichwohl sind weitere strukturelle und qualitätssichernde Schritte zu gehen, um Einnahmen und Ausgaben in einem ausgewogenen Verhältnis zu halten.
Die Festschreibung des Arbeitgeberanteils ist in wirtschaftlich schwierigen Zeiten als konjunkturförderndes Element eingeführt worden. Sie hat sich auch bewährt, denn die vielen zusätzlichen Arbeitsplätze sind nicht aus dem Nichts heraus entstanden. Arbeitgeber sichern die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall allein ab, immerhin mit 40 Milliarden Euro im Jahr. Auch die Unfallversicherung tragen sie vollständig. Bei einem Jahreseinkommen von 35.ooo Euro zahlt der Arbeitnehmer einen durchschnittlichen Zusatzbeitrag von rund 44 Euro im Monat. Der Arbeitgeber trägt im Schnitt in diesem Fall für Lohnfortzahlung und Unfallversicherung monatlich 155 Euro – zusätzlich zum Arbeitgeberanteil von 212 Euro. Wir als Union halten an der jetzigen Regelung fest.
 

Seit 2015 ist die Höhe des Krankenkassenbeitrags auch wieder komplett an das Einkommen des Versicherten gekoppelt. Hat sich die CDU endgültig vom Ziel einkommensunabhängiger Beiträge verabschiedet oder soll das Modell „Kopfpauschale“ neu aufgelegt werden?

Das Modell der einkommensunabhängigen Beiträge hat viele gute Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft. Davon bin ich persönlich auch heute noch überzeugt. Es ist aber derzeit in unserer Gesellschaft nicht akzeptiert und damit nicht durchsetzbar. Wer „Luftschlössern“ nachrennt, vergeudet wertvolle Zeit.


Die Unionsparteien könnten auch nach dem 27. September wieder in der Regierungsverantwortung stehen. Wird die CDU dann gegen strukturelle Probleme wie Ärztemangel oder Klinik-Kollaps endlich wirksam vorgehen?
 

Mit dem Krankenhausstrukturgesetz und dem dort etablierten Strukturfonds ist die Weichenstellung für strukturelle Reformen in der Krankenhauslandschaft erfolgt. Welches Krankenhaus perspektivisch ausgebaut wird und welches nicht, kann nur vor Ort entschieden werden. Bei einer monistischen Finanzierung hätte der Bund auch die Planungshoheit. Das wollen wir nicht. Wir hoffen, dass die Länder nach der Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen die Prioritäten auf Zukunft setzen und mehr in Krankenhäuser investieren.

Der Ärztemangel ist in aller Munde und zeigt sich tatsächlich vor allem in ländlichen Regionen. Dabei hatten wir in Deutschland noch nie so viele Ärzte wie heute. Ein sanftes Lenken in unterbesetzte Fachgebiete haben wir mit dem Masterplan Medizinstudium 2020 zu Gunsten von Hausärzten auf den Weg gebracht. Mehr als bisher müssen auch die Ärzte im stationären Bereich mit Ärzten im ambulanten Bereich zusammenarbeiten. Wir haben bereits die Bedarfsplanung verfeinert, sie muss aber auf eine sektorenübergreifende Betrachtung überführt werden.


Die digital vernetzte elektronische Gesundheitskarte darf von niemandem verweigert werden. Sie ist ein zweiter Personalausweis geworden und wird durch das E-Health-Gesetz auch mit Sanktionen durchgesetzt. Ist die Zusicherung von Datensicherheit und informationeller Selbstbestimmung nicht eine schöne Utopie aus einem anderen Jahrhundert?

Die Digitalisierung in all ihren Anwendungsformen ist für die Zukunft des Gesundheitswesens unverzichtbar. Es ist gesetzlich verbrieft, dass alle Daten auf der elektronischen Gesundheitskarte allein dem Versicherten gehören. Er allein bestimmt, wer über die Gesundheitskarte welche Informationen in der Gesundheitsakte und im Gesundheitsfach einsehen kann, denn wenn er seine Gesundheitskarte nicht aus der Hand gibt, hat niemand Zugang zu seinen Daten. Ohne Vertrauen in den selbst ausgewählten Arzt kann auch bei Digitalisierung nicht behandelt und geheilt werden.
Datensicherheit darf kein Schutzschild gegen jeglichen Fortschritt sein. In dieser Beziehung sind viele Länder auf dieser Welt besser als Deutschland.


Die jüngste Pflegereform konnte die stationäre Betreuungssituation nicht verbessern - Krankenkassen und Kommunen wehrten sich bislang erfolgreich gegen höhere Personalschlüssel und die Verbände schlagen weiterhin Alarm. Welche Schritte sind jetzt nötig, damit endlich mehr Geld bei den Pflegenden ankommt?


In drei Schritten wurde die größte Reform der Pflegeversicherung beschlossen. Die Erhöhung des Pflegebeitrags um 0,5 Prozent bringt jährlich 5 Mrd. Euro mehr, wovon sofort und direkt 3 Mrd. Euro in die Leistungsverbesserung vor Ort fließen. Jede Reform braucht seine Zeit für die Umsetzung. Wir erwarten, dass mehr Personal eingestellt und besser bezahlt wird. Mit der Festschreibung des Zuzahlungsbetrages in stationären Einrichtungen, unabhängig vom Pflegegrad, ist eine weitere Verbesserung eingetreten. Der Gesetzgeber hat seine Aufgaben gemacht.


Die Mehrheit der jetzigen Bundestagsparteien, darunter auch Ihr Koalitionspartner SPD, will die private Krankenversicherung ganz abschaffen und in ein einheitliches Versicherungsmodell integrieren. Wie sehen sie das Modell Einheitskasse und die Zukunft der PKV?

Wir halten am Systemwettbewerb zwischen GKV und PKV fest. Der Leistungskatalog, der allen zu Gute kommt, wird dadurch ständig präzisiert. Eine Einheitsversicherung macht die Versorgung teuer und birgt die Gefahr einer reduzierten Grundversorgung, weil kein Vergleich möglich ist.


Wo wird im nächsten Bundestag das gesundheitspolitische Schwerpunktthema für die CDU/CSU liegen?

Gesundheitsforschung, sichere Versorgung mit Medikamenten, transparente Behandlungspfade und Zusammenarbeit der Leistungserbringer bleiben auf der Agenda. Mehr in den Blick nehmen werden wir die internationale Zusammenarbeit, auch Gesundheit ist global.

 

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